Wer die Wahl hat, hat die Qual - von der richtigen Auswahl des Zuchtpartners

Wenn der Idealfall eintritt, hat man vielleicht irgendwann eine Hündin, die alle Hürden genommen hat, um Nachwuchs haben zu dürfen. In der heutigen Zeit ist es denkbar, dass sogar in der Nachbarschaft ein netter Rüde wohnt, den man als Vater für den Wurf ins Auge gefasst hat. Aber: passen die beiden auch wirklich zueinander? Dies kann man u.a. dadurch herausfinden, indem man sich ein wenig mit dem Thema Genetik (= die Lehre von der Vererbung) beschäftigt und zudem Ahnenforschung betreibt. Literatur zu diesem Thema ist allerdings sehr wissenschaftlich, entweder man wird zum Fachmann/Fachfrau oder man legt die Bücher gleich wieder weg. Dennoch sollte man sich einige Grundbegriffe merken: die Zelle ist der Grundbaustein aller Lebewesen, im Zellkern befinden sich die Chromosomen als Träger der Erbinformation, weiterhin spricht man vom Genotyp (Erbanlage) und Phänotyp (äußeres Erscheinungsbild) eines Hundes.

Bei der Befruchtung reifer Eizellen einer Hündin kann man davon ausgehen, dass ca. 50% des Erbgutes vom Vater und ca. 50% von der Mutter stammen (es ist also entgegen der landläufigen Meinung nicht so, dass der Rüde die Schuld trägt, wenn der Wurf nicht sehr vielversprechend ausgefallen ist). Das Erbgut der Eltern bestimmt den Genotyp des Welpen, d.h. es ist diejenige  Erbanlage, die nicht unbedingt auch sein äußeres Erscheinungsbild definieren wird.

Daneben gibt es den Phänotyp, z.B. wie groß ist der Hund, wie ist die Ohrhaltung, ist er vollzahnig, wie ist das Wesen.... Der Phänotyp wird bestimmt durch den Genotyp und zusätzlich durch die Umwelt  (Futter, Prägung, Haltungsbedingungen usw.)

Genotyp und Phänotyp müssen nicht übereinstimmen! Beispiel: Ein Hund hat ein vollzahniges Scherengebiss, ist aber der einzige im Wurf, der ein komplettes Gebiss vorweisen kann. Nun kann es passieren, dass in der nächsten oder übernächsten Generation Welpen aus diesem Hund hervorgehen, die Zahnfehler haben. D.h. der Hund ist vom Phänotyp her vollzahnig, aber vom Genotyp her ist er belastet. Spätestens, wenn man sich diese Tatsache vor Augen geführt hat, wird man verstehen, dass eine Verpaarung zweier Champion-Hunde nicht automatisch zu Champion-Nachzucht führen muss.

Eine Zuchtbasis muss immer auf beiden Merkmalen aufgebaut sein, weil die Erbanlage nicht immer erkennbar ist. Doch dazu ist es von großer Bedeutung, dass der Züchter ehrlich ist und vollständige Angaben über seine gezüchteten Hunde macht. Erbfehler sind immer von Nachteil und ein Verschweigen kann der Zucht von Rassehunden erhebliche Schäden zufügen. Aus diesem Grund müssen Defekte und Krankheiten in Zuchtbeständen wahrheitsgemäß erfasst werden, um in der Zukunft Maßnahmen ergreifen zu können, eben diese Fehler einzudämmen. Manchmal wird es sogar erforderlich sein, Merkmalsträger (=Genotyp) von der Zucht auszuschließen, obwohl sie phänotypisch einwandfrei sind. Das erfordert allerdings größtes Verständnis der Züchter.

Verschiedene Arten der Verpaarung

Inzest-Verpaarung = Verpaarung von Verwandten 1. Grades, z.B. Bruder/Schwester, Vater/Tochter. Hierbei hat man den größten Ahnenverlust. Grundsätzlich sollte dies (ebenso wie die Inzucht) nur in begründeten Ausnahmefällen stattfinden. Es doppeln sich nämlich nicht nur die positiven Eigenschaften, sondern auch die negativen. In diesem Fall muss man als Züchter ganz genau die Vor- und Nachteile abwägen. Außerdem ist bei der Inzest-Verpaarung oftmals ein Fitness-Verlust zu verzeichnen.

Inzucht = Verpaarung naher Verwandter, z.B. Enkel/Großeltern. Inzucht kann auch als enge Linienzucht bezeichnet werden. Wenn man z.B. als Windhundzüchter auf Schnelligkeit züchtet, kann man durch Inzucht eben die Hunde miteinander verpaaren, die das Merkmal Schnelligkeit tragen. Dabei können allerdings andere Merkmale verloren gehen, z.B. Vollzahnigkeit. So gesehen ist es nicht immer positiv, auf ein bestimmtes Merkmal zu selektieren.

Linienzucht = Verpaarung weitläufiger Verwandter. Linienzucht kann man zum Beispiel ins Auge fassen, wenn man auf bestimmte Linien zurückkommen möchte, um deren Typ oder bestimmte Eigenschaften zu erhalten. Bei der Linienzucht ist man eher vor Überraschungen sicher als bei der Outcross-Verpaarung.

Outcross-Verpaarung = Verpaarung nicht verwandter Hunde. Hierzu gehört eine gewisse Portion Risikobereitschaft. Der große Vorteil liegt in der Blutauffrischung und der Verringerung des Inzuchtkoeffizienten. Allerdings können Fehler auftreten, die vorher nicht bekannt waren. 

So errechnet man den Ahnenverlustkoeffizienten

Wie findet man nun den richtigen Zuchtpartner? Auf jeden Fall sollte man sich Zeit lassen bei der Suche, so viel wie möglich recherchieren und so viel wie möglich über Verwandte, Geschwister, Nachkommen in Erfahrung bringen. Dann die Vor- und Nachteile genau abwägen. Kein Hund ist perfekt, also muss man versuchen, die Schwächen des eigenen Hundes auszugleichen, indem man einen Partner sucht, der gerade dort seine Stärken hat - also keine Hunde miteinander verpaaren, die die gleichen Fehler haben. Fehler im Wurf sollten nicht verschwiegen werden, damit den nachfolgenden Generationen die Gelegenheit gegeben wird, diese auszugleichen. Man sollte nicht unbedingt zwei unerfahrene Hunde zusammenbringen und sich ggf. per Spermiogramm von der Deckfähigkeit des Rüden überzeugen.

Oft ist es so, dass ein Rüde einen erfolgreichen Wurf hervorgebracht hat und dann auf diesen Rüden der große "Run" losgeht. Auch hier sollte man wählerisch sein, denn dieser Rüde wird sich nicht mit allen Hündinnen gleich gut vererben. Außerdem schränkt die häufige Verwendung einzelner Rüden das Zuchtpotential auf Dauer stark ein.

Das wichtigste ist allerdings eine große Portion GLÜCK. In erster Linie muss nämlich die Natur mitspielen. Wir als Mensch können nur dafür sorgen, dass die besten Voraussetzungen geschaffen werden.

Züchterglück

 

An der "Milchbar"

Ich möchte auch noch einmal auf eines meiner früheren Monatsthemen verweisen:

Im Archiv gestöbert

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