Thema des Monats Februar

Eine wahre Geschichte

Es war der erste gemeinsame Wahlsonntag im November 1991 nach der deutsch-deutschen Wende. Wir fuhren - wie immer begleitet von Dusty und Balou - nach Frankfurt/Oder, um Verwandte zu besuchen.

Es war ein klarer kalter Tag und nach dem Mittagessen beschlossen wir, unsere Verwandten bei ihrem Wahlgang zu begleiten und damit gleich einen Spaziergang mit unseren Ridgebacks zu verbinden. Dusty und Balou liefen unangeleint brav neben uns. Balou war damals 1 ¾ Jahre alt, groß und kräftig mit dem ridgebacktypischen Temperament, mit dem sie es immer wieder schaffte, ihre Mutter Dusty zum gemeinsamen Toben zu animieren.

Unsere Verwandten verschwanden für eine ganze Zeit im Wahllokal, den Hunden wurde es langweilig und sie begannen zu spielen. Das Spiel steigerte sich bald in eine wilde Toberei - mal lag die eine am Boden, mal die andere. Bei diesem "Handgemenge" müssen sich Balous große Fangzähne in Dustys schmalem geflochtenen Lederhalsband verfangen haben. Das Band drehte sich mehrmals um Balous Unterkiefer und blieb dort fest sitzen.


Das Halsband schnürte Dustys Hals unmittelbar hinter den Ohren zusammen und ließ keinerlei Spielraum mehr, um es irgendwie lockern zu können. Ich weiß nicht, wieviel Zeit so verging. Die Passanten vor dem Wahllokal verkannten die Situation: sie dachten, es sei eine Beißerei im Gange. Balou versuchte verzweifelt loszukommen, so daß das Band Dusty immer weiter den Atem abschnürte. Irgendwann gab das Leder nach und das Band riß; es war wohl durch den Gebrauch doch schon etwas morsch und brüchig geworden. Balou kam frei und raste davon.
Dusty fiel einfach um, blutend aus Nase und Fang, die Zunge verfärbt heraushängend und die Augen weit aufgerissen ohne jedoch zielgerichtet zu blicken. Sie begann sich zu entleeren und setzte Kot und Urin ab. Ich kniete neben meiner leblosen Dusty. Völlig instinktiv begann ich, ihren Brustkorb zu bearbeiten und schrie dabei immer wieder laut ihren Namen: "Dusty, Dusty..." Ich drückte automatisch in regelmäßigen Abständen mit aller Kraft auf ihren Brustkorb, die Tränen rannen mir über das Gesicht, ich registrierte weder die Ansammlung von Schaulustigen, noch daß ich inmitten von Dustys Exkrementen kniete. Meine Umgebung nahm ich überhaupt nicht mehr wahr, sah alles wie durch einen Schleier, auch das Zeitgefühl hatte ich gänzlich verloren - ich mußte den Hund ins Leben zurückholen. "Du darfst nicht sterben - atme, atme, ..."

Ich weiß nicht, wieviel Zeit vergangen war, als sich Dustys müder Kopf endlich hob und sie mich mit ungläubigen Augen ansah. Mir stockte der Atem, ich hatte es geschafft!!! Nach ein paar Minuten rappelte sie sich hoch, schüttelte sich und trottete neben uns, die wir alle noch ganz sprachlos waren, nach Hause. Balou leckte fortwährend Dustys Fang, so als wenn sie sagen wollte: "Ich wollte das ganz bestimmt nicht, und es kommt auch nie wieder vor!" Eng aneinander gekuschelt schliefen die beiden ein. Der Schreck saß uns noch wochenlang in den Gliedern und ich schwor mir: Nie wieder tragen meine Hunde beim Spielen ein Halsband (wenn es nicht unbedingt sein muß)!

Ich stellte natürlich Dusty noch unserem Tierarzt vor. Er meinte, ich hätte wohl das einzig richtige getan und Dusty mit meiner instinktiven Wiederbelebung das Leben gerettet. Spätfolgen durch die Unterbrechung der Sauerstoffzufuhr zum Gehirn sind Gott sei Dank bei Dusty nie aufgetreten.

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